Dr. Hell und seine Firma

       
       
 
Rudolf Hell wurde am 19. Dezember 1901 im bayrischen Eggmühl geboren.
 
Dass Rudolf Hell Elektroingenieur werden wollte, war ihm schon früh klar. Mit knapp achtzehn Jahren beginnt er sein Studium an der Technischen Hochschule in München. Besonders beeindruckt war er von seinem Professor Max Dieckmann, der an der Universität drahtlose Telegrafie lehrte. Nach dem Abschluss seines Studiums wurde er 1923 Assistent bei Dieckmann.
 
1925 gelang beiden die Erfindung der Lichtelektrischen Bildzerlegerröhre für das Fernsehen. Das Grundprinzip, bildliche Darstellungen in Punkte aufzulösen und elektronisch weiterzuverarbeiten, hat Hell seitdem konsequent weiterverfolgt.
1927 promoviert er über ein Funkpeilgerät für die Luftfahrt, das seiner Zeit weit voraus war: Piloten konnten nun auch bei schlechter Sicht ein Ziel anfliegen.
  dr hell foto
       
  Hell wird Unternehmer    
       
 

1929 machte sich der Ingenieur selbstständig und gründete seine Firma in Berlin. Die Grundlage hierfür war seine Entwicklung des Hellschreibers, von denen bis 1945 mehr als 50.000 Geräte gefertigt wurden. Hinzu kamen seit 1937 die Produktion von Funkpeilern und Verschlüsselungsgeräten für die Hellschreiber.

Bei Kriegsende wurde die Firma fast völlig zerstört und der Rest demontiert. Hell ließ sich nicht entmutigen und begann in seiner Wahlheimat Kiel 1947 von neuem. Das Interesse an Bildübertragung steigt in der Nachkriegszeit, so dass bereits 1950 die ersten Geräte an die Bundespost und Nachrichtenagenturen geliefert werden konnten. Immer dort, wo schnell aktuelle Bilder aus aller Welt benötigt wurden, erreicht der Name Hell bald wieder seinen alten Bekanntheitsgrad.

Nachdem Hell sich zunächst mit der Übertragung von Texten und Bildern befasst hat, wurde das Arbeitsgebiet der Firma ab ca. 1950 auch auf das Gebiet der Reproduktionstechnik, d.h. der Verarbeitung von Texten und Bildern für die Druckvorstufe erweitert.

Mit seinen Ideen legte Hell somit den Grundstein für die heute digitalisierte elektronische Bild- und Textverarbeitung.

In seinem Leben wurde Dr. Rudolf Hell vielfach für seine Erfindungen ausge-zeichnet. Er ist u.a. Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern, des Werner-von-Siemens-Rings, des Gutenberg-Preises. Er ist auch Ehrenbürger der Stadt Kiel sowie Ehrenbürger der Universität Kiel.

Rudolf Hell verstarb im Alter von 100 Jahren am 11. März 2002 in Kiel.

   
 
Audiodatei: Dr.-Ing. Rudolf Hell
 
mit freundlicher Genehmigung der Fachhochschule Kiel.
Diese Audiodatei ist Teil des  Audioguides "CampusKulTour" der Fachhochschule.
   
  Das Arbeitsgebiet "Nachrichtentechnik"
   
 

Hell entwickelte die Übertragungstechnik stetig weiter, sowohl für die Textüber-tragung mit Morsegeräten und Hellschreibern, als auch für die Bildübertragung mit Faxgeräten und Telebildgeräten. Er schuf die Grundlagen, um Texte und Bilder in alle Welt senden zu können.

Morsegeräte

Die Morsetechnik geht auf den Erfinder Samuel F. B. Morse zurück, der seinen Telegrafen erstmals am 4. September 1837 der Öffentlichkeit vorführte. Die Übertragungsgeschwindigkeiten der Morsetechnik hingen lange Zeit von den Leistungen der Funker ab. Die Firma Hell produzierte in ihrer Anfangsphase Morsegeber, die von einem Tastenlocher vorgestanzte Lochstreifen abtasteten. Somit wurde die Übertragungsgeschwindigkeit deutlich erhöht.

Hellschreiber

Der Hellschreiber ist eine Weiterentwicklung des Fernschreibers. Die Buchstaben eines zu übertragenden Textes werden bildhaft als eine Anordnung von Bildpunkten gesendet. Dadurch können Störimpulse auf dem Übertragungsweg nur die Lesbarkeit eines oder mehrerer Zeichen beeinträchtigen, nicht aber die Aufzeichnung eines falschen Zeichens bewirken.

Faxgeräte

Im Vergleich zum Hellschreiber übertragen Faxgeräte nicht nur einzelne Zeichen, sondern ganze Dokumente, die aus schwarzen und weißen Bildpunkten bestehen, z.B. Geschäftsbriefe oder Zeichnungen. Bereits 1956 entwickelte Hell das erste Faxgerät. Besonders die um die gleiche Zeit entwickelten Wetterfaxgeräte verbreiteten sich schnell bei den Wetterdiensten und in der Schifffahrt.

Eine Spezialität war das Pressfax, mit dem man fertige Druckvorlagen, z.B. für Zeitungsseiten, von der Redaktion an die Druckorte übertragen konnte. Diese Technik wurde vor allem in großflächigen Ländern (USA, Russland) eingesetzt, wenn die Zeitung an mehreren oft Tausende Kilometer entfernten Druckorten gleichzeitig gedruckt werden sollte.

Telebildgeräte

Mit Telebildgeräten konnte man Bilder mit einer kontinuierlichen Helligkeits-Abstufung von grauen oder farbigen Bildpunkten senden und empfangen. Besonders Presse und Polizei bedienten sich dieser Geräte. Später wurden auch tragbare Telebildsender entwickelt, mit denen Journalisten aktuelle Bilder schnell von jedem Punkt der Erde aus an ihre Redaktionen übertragen konnten.

   
  Das Arbeitsgebiet "Reproduktionstechnik"
   
 

Dr. Hells Erfindungen auf dem Gebiet der Reproduktion von Texten und Bildern revolutionierten die Drucktechnik. Die Grundidee, die Dr. Hell verfolgte, war die Zerlegung von Schriftzeichen und Bildern in einzelne Bildpunkte, um diese dann elektronisch weiterverarbeiten zu können.

Klischograph

Ab 1951 entwickelte Rudolf Hell den Klischographen. Hierbei handelt es sich um ein Gerät zur Herstellung von Druckklischees durch Gravieren eines abgetasteten Bildes. Der Klischograph konnte nicht nur schneller arbeiten, sondern es wurden auch keine Chemikalien mehr gebraucht.

Eine Weiterentwicklung war der Vario-Klischograph von 1957, der in der Lage war, Bildvorlagen zu vergrößern bzw. zu verkleinern. Der 1962 entwickelte Helio-Klischograph graviert Druckzylinder für das Tiefdruckverfahren. Helio-Klischo¬graphen werden noch heute von der Firma Hell Gravure Systems in Kiel gebaut.

Digiset

Der Digiset ist eine digitalelektronische Lichtsetzanlage zur Herstellung von Schriftsatz. Entwickelt wurde er bereits ab 1965. Der Digiset war die erste Anlage, die Zeichen elektronisch erzeugen konnte. Eine Kathodenstrahlröhre belichtet die Zeichen auf Fotomaterial. Seine Vorteile liegen in der Steuerbarkeit durch einen Satzcomputer und in der Anschlussmöglichkeit von elektronischen Speichern und anderer Peripherie.

Mehr als eine Million Zeichen konnten in der Stunde belichtet werden, deutlich schneller als Fotosetzmaschinen mit optomechanischem Prinzip, bei dem Negativschablonen der Schriftzeichen durchleuchtet wurden.

Chromagraph

1963 legte Hell mit der Erfindung des Chromagraphen den Grundstein für die moderne Scannertechnik.  Mit diesen Geräten konnten Farbbilder abgetastet werden, wobei in einem Arbeitsgang das Bild vergrößert bzw. verkleinert wurde, in die Farbauszüge für den Vierfarbendruck zerlegt und die Farbauszüge gerastert wurden, um sie schließlich auf Filmmaterial zu belichten. Die zuvor übliche Reproduktion mit fotografischen Mitteln erfordert dagegen viele Arbeitsgänge und somit viel mehr Zeit.

Hell entwickelte eine Vielzahl von Scannern, mit unterschiedlichen Formaten und Funktionen, die mit der Weiterentwicklung der Halbleitertechnik und Computer¬technik immer leistungsfähiger und schneller wurden.

Chromacom

Beim Chromacom-System handelte es sich um eines der ersten digitalen Bildverarbeitungssysteme für die Drucktechnik. Das Combiskop war der zentrale Arbeitsplatz des ab 1978 entwickelten Chromacom-Systems. Hier wurden Bilder in ein vorgegebenes Layout positioniert sowie Farbkorrekturen und Retuschearbeiten am Bildschirm durchgeführt. Das Chromacom konnte vor dem PC-Zeitalter bereits die Bildmanipulationen ausführen, die heute auf jedem PC zur Verfügung stehen.